Icon Vereinsgeschichte

Noten
Notenschlüssel

Rückblick auf 150 Jahre Männergesangverein Kronberg

Mit dem Aufkommen neuer Vorstellungen von Gemeinschaft und Gesellschaft durch
Aufklärung und Romantik wurde in besonderem Maße der Chorgesang als repräsentativer Ausdruck eines neuen Gemeinschaftsgefühls verstanden.
Die damalige romantische Vorstellung von Volksgeist fand ihren wohl stärksten
Ausdruck im chorisch vorgetragenen Volkslied. So kam es Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland zur Gründung von Chören und Sängerbünden bis in die kleinste Gemeinde, die sich der Pflege des Volksliedgutes annahmen.
 

Gründung und die ersten 50 Jahre, 1860 bis 1910

Auch in Kronberg fanden sich Männer zusammen, um den Chorgesang zu pflegen
und mit Konzerten die Bevölkerung zu erfreuen.
So wurde der heutige Männergesangverein (MGV) als “Gesangverein 1“ am 11. Dezember 1860
im ältesten Gasthaus “Zum Löwen“ gegründet.
Zwar bestand schon etwa 10 Jahre zuvor ein Chor, dieser konnte aber nach verschiedenen Anläufen keinen Dirigenten finden und musste sich auflösen.

 

In alten Aufzeichnungen wird berichtet, dass „die Sangeslust aber nicht erstorben war und besonders kurze Zeit vor der Gründung des Vereins die Sache bei jeder geselligen Zusammenkunft besprochen wurde. Insbesondere war das Gasthaus „Zum Löwen“ der Sammelpunkt gesangeslustiger Kameraden, wo sich der Verein vorzüglich durch die Bemühungen des Herrn G.W. Eichenauer konstituierte“.
Neben G.W. Eichenauer, der auch zum ersten Vereinsvorsitzenden gewählt wurde, werden als weitere Gründungsmitglieder W. Anthes, W. Glock, Chr. Gottschalk, S. Grünebaum, A. Kempf,
H. Krieger, B. Strauß und G. Weinig genannt.

 

                                

                        Das ehemalige Vereinslokal "Zum Löwen"

 

Die Mitgliederzahl stieg schnell an, und die Sänger trafen sich anfangs wöchentlich zweimal, später an einem Abend zur Gesangsstunde im Vereinslokal, dem Sälchen des Gasthauses
„Zum Löwen“, das für die nächsten 37 Jahre die Heimat des MGV bleiben sollte, bis 1897 die Sänger im guten Einvernehmen schieden und „Zum Grünen Wald“ wechselten.
Nachdem die ersten beiden Dirigenten nur kurze Zeit zur Verfügung standen, machte der Verein mit Lehrer Knoll aus Königstein einen glücklichen Griff.
Es wird berichtet, dass „er das Amt von 1861 bis zu seinem Tod 1866 vorbildlich leitete“.

Herrn Knoll war eine starke politische Persönlichkeit. Er musste wegen seiner vaterländischen Gesinnung aus dem Schuldienst ausscheiden und hatte Muße genug, sich seiner Aufgabe im Verein voll zu widmen. Dieser Umstand und die Auswahl der gesungenen freiheitlichen Lieder gefielen den Regierungsstellen nicht und trugen dem Verein 1861 sogar polizeiliche Überwachung ein.

 

Der Vorstand musste sich vor dem Kadi verantworten und wurde ernstlich verwarnt. Aber dennoch blieben die Sänger bei dem gewählten Kurs nach den Richtlinien der Nassauischen Fortschrittspartei, die auch der freiheitlichen und vaterländischen Gesinnung der Sängerbünde entsprachen, und errangen sich damit die Sympathie der Bürgerschaft, deren angesehene Vertreter zum Teil dem Verein beitraten. Nach den ersten sechs Jahren traf der Verein mit der Verpflichtung von Lehrer Jung aus Oberursel erneut eine gute Wahl. Er leitete den Chor 14 Jahre lang. Unentwegt kam er bei jeder Witterung per pedes von Oberursel, um nach der Singstunde den gleichen Weg noch einmal zurückzulegen. Sein Ausscheiden erfolgte 1880 altersbedingt.

 

Der Männergesangverein nahm offensichtlich schnell alle Anfangshürden und war bald ein wichtiger Bestandteil des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens in Kronberg. Durch seine öffentlichen Auftritte war er bei den Bürgern sehr beliebt und war bald auch Mittelpunkt der Geselligkeit.

 

Die Männer in den Reihen des Gesangvereins waren sehr aktive Bürger. Sie beließen es nicht beim Singen und Theaterspielen. Viele Neugründungen von Vereinen, Interessenverbänden und Institutionen beweisen das. Immer waren auch Mitglieder des Gesangvereins dabei, wenn etwas Neues auflebte. Man nannte den Gesangverein nicht ganz ohne Grund die „Vereinswiege“ von Kronberg. In dieser Wiege lag der Kreditverein – aus ihm ging die heutige Volksbank hervor, der Vorläufer des Verkehrsvereines, der Verschönerungsverein, der Handwerks- und Gewerbeverein, der Obst- und Gartenbauverein. Besonders stark waren die Sänger in den Reihen der Freiwilligen Feuerwehr vertreten.

 

Soziales und gemeinnütziges Wirken

Das soziale und gemeinnützige Wirken des Vereins kann mit Fug und Recht als beispielgebend und außerordentlich bezeichnet werden. Die Sänger, viele von ihnen Handwerker, Landwirte und Gewerbetreibende, kannten die Missstände und Nöte der damaligen Zeit und fühlten sich aufgerufen, zu deren Behebung tatkräftig beizutragen. Diese segensreichen Tätigkeiten brachten dem Gesangverein neben ihren mit Freude aufgenommenen Sangesauftritten und den nachfolgend beschriebenen Theateraufführungen besondere Anerkennung in der Bürgerschaft ein.

 

Eine der ersten gemeinnützigen Aktivitäten war 1861 die Beschaffung von 6 Laternen für die bis dahin in nächtlicher Dunkelheit liegende Hauptstraße. Bald folgt die Beleuchtung einiger Brunnen und des Spritzenhauses der Feuerwehr. Im Jahr 1862 pflanzten Vereinsmitglieder Lindenbäume hinter dem Eichentor, die als stattliche Exemplare teilweise noch heute dort stehen. Auch wurde der „Lange Weg“ in das Kronthal von den Sängern angelegt und mit Rosskastanien gesäumt.

 

Im Kriegsjahr 1870/71 veranstalteten die Sänger Benefizkonzerte und öffentliche Sammlungen für die in ein Lazarett umgewandelte Villa Schreyer, wofür dem Verein sogar der Dank der Kaiserin Friedrich zuteil wurde. Mit Gesang wurden 1871 die heimkehrenden Soldaten empfangen, auf Vereinskosten bewirtet und mit einigen Flaschen Wein beschenkt. Die Sänger unterstützen auch den Neubau der katholischen Kirche und die Errichtung des Pfarrer Christ Denkmals.Wesentliche finanzielle Unterstützung leistete der Verein für die Verschönerung der Heimatstadt, für den Krankenunterstützungsverein, die Feuerwehr, die Kleinkinderschule, auch für die Mütter eines im Feldzug 1866 gefallenen Mitbürgers.


Das gemeinnützige Eintreten der Sänger sah die Stadtverwaltung gerne. Die Stadtkasse war klamm und ließ nicht viel Spielraum für Projekte zur Stadtentwicklung. Da war es verständlich, wenn die Begehrlichkeit der Verwaltung bald zunahm, und brauchte die Stadt wieder einmal Geld dann hieß es „das beschafft und der Gesangverein I“.

 

Liebhabertheater

Das so genannte Liebhabertheater entstand im Jahre 1861 auf Anregung von Friedrich Löwe, Vereinsmitglied und Onkel des Apothekers Dr. Julius Neubronner. Mithin ist es der Gesangverein
gewesen, der die erste regelmäßige Bühnentätigkeit in Kronberg entfaltete.
Von Friedrich Löwe wird berichtet, „dass er ein früherer Schauspieler von hoher Bildung war, der als stiller Beobachter und Sangesfreund auf Wunsch den wöchentlichen Übungsstunden beiwohnte. Dieser feinsinnige Mann setzte sich für die Verschönerung Kronbergs und die Beseitigung von Mängeln ein. In der Bildung einer für diese Zwecke spielenden Theatergemeinschaft sah er die Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen“.
Die Regie und die Gesamtleitung des Theaters lag selbstverständlich in den Händen von Friedrich Löwe, der von Beginn an nur noch mit „Herr Direktor“ angesprochen wurde.
Die in Kronberg ansässigen Künstler malten gern die Kulissen und sonstige Dekorationen unentgeltlich. Besonders verdient machte sich Anton Burger, Ehrenmitglied des Gesangvereins.

 

In den Aufzeichnungen des Vereins finden sich Einzelheiten über die erste Aufführung, die am Fastnachtsdienstag 1861 im Saal des Schützenhofes stattfand. Gespielt wurde der Einakter

„Der betrogene Oheim, Lustspiel mit von R. Benedikt mit Gesangsbegleitung“.

Die Programme hatte der „Herr Direktor“ auf der Neubronnerschen lithografischen Presse selbst hergestellt. Auf diesen war vermerkt, dass die Einnahmen für die Straßenbe-leuchtung Kronbergs bestimmt sind.

 

Schon eine Stunde vor Beginn war der Saal restlos besetzt. Die Aufführung gestaltete sich zu einem überwältigenden Erfolg, mit einem Erlös von 60 Gulden auch finanziell.
Eine zweite Aufführung an Ostern desselben Jahres erbrachte sogar einen Erlös von 80 Gulden.
Das Liebhabertheater wurde zu einer beliebten Einrichtung.

In den 14 Jahren seines Bestehens kam es zu 61 Vorstellungen.
Die Liebe zum Theaterspiel blieb auch noch lange nach der Auflösung des Liebhabertheaters bei den Sängern erhalten. Bei öffentlichen Abendunterhaltungen und den Stiftungsfesten des Vereins kam man oft und gern auf die liebgewonnene Tradition zurück. 

 

Die ersten 50 Jahre verliefen in ruhigen Bahnen, der Verein entwickelte sich stetig weiter und hatte sich im kulturellen und gesellschaftlichen Leben Kronbergs einen festen Platz gesichert.
Durch den Besuch von Liedertagen, Wertungssingen und Wettstreiten hatte sich der Verein auch über die Grenzen der Heimatstadt hinaus einen guten Namen gemacht.
Das zeigte sich besonders bei seinem 50. Geburtstag, den man in großzügiger Weise unter Anteilnahme der gesamten Bürgerschaft und Beteiligung von 29 auswärtigen Gesangvereinen feierte. Bei der akademischen Feier wirkten neben vier Solisten der damalige Chorverein Kronberg-Schönberg, der evangelische und katholische Kirchenchor, die Gesangsriege des Männerturnvereins gemeinsam mit dem Jubelverein an dem von Ludwig Sauer komponierten Gesamtchor „Heil Hohenzollern“ mit. Der Festplatz mit dem großen Zelt befand sich auf dem damaligen Freigelände an der verlängerten Burgerstraße.

 

Dieses großartige Sängerfest war der abschließende Höhepunkt
der ein halbes Jahrhundert umfassenden Vereinsgeschichte.

 

Die zweiten 50 Jahre, 1910 bis 1960

Die zweiten 50 Jahre führten den Verein durch turbulente Zeiten. Zwei schreckliche Weltkriege brachten bittere Not und unermesslich viel menschliches Leid. Viele verloren Angehörige und Freunde, viele kamen in Kriegsgefangenschaft oder blieben verschollen. In der Folge der Weltkriege kam es zu politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen nie gekannten Ausmaßes, eine große Herausforderung für die Bürger und auch für den Verein.

 

Der erfreulichen Entwicklung seit der Gründung setzte zunächst der erste Weltkrieg ein vorläufiges Ende. Die Vereinstätigkeit beschränkte sich auf die Betreuung der einberufenen Mitglieder und die Unterstützung von in Not geratenen Mitbürgern.
In den Kriegsjahren 1914 - 1918 ruhte die gesangliche Vereinbetätigung ganz. Erst im Oktober 1919 fand nach vorheriger Genehmigung durch die französische Besatzungsbehörde wieder die erste Singstunde statt. Das Andenken seiner vier gefallenen Mitglieder ehrte der Verein durch Widmung einer vom einheimischen Künstler Fritz Best geschaffenen Gedenktafel.
In den Kriegsjahren war die Not groß, und die Sänger besannen sich auf ihr segensreiches Wirken in den ersten Jahren des Vereinsbestehens. Bei Konzerten und Abendunterhaltungen konnten wesentliche Überschüsse erwirtschaftet werden, die z.B. der Errichtung des Ehrenmals auf dem Friedhof, dem Versorgungshaus und der Kleinkinderschule zugute kamen.
Auf der Jahreshauptversammlung am 24. Januar 1925 beschlossen die Mitglieder die Namensänderung von „Männergesangverein I“ in „ Männergesangverein 1860 Kronberg“.

 

Als gesangliche Höhepunkte des Chores aus dieser Zeit sind das Konzert zum 100. Todestag von Ludwig van Beethoven im Jahr 1927 und das Konzert zum 100. Todestag von Robert Schumann 1928 zu nennen. Anlässlich der 600-Jahrfeier der Burgstadt am 28. September 1930 beteiligten sich die Sänger gemeinsam mit anderen örtlichen Vereinen am Massenchor „Kronberg“, der die Feierlichkeiten festlich umrahmte.

 

Die wirtschaftliche Situation hatte sich inzwischen entspannt, und es wird berichtet, dass die Vereinskasse 1933 es erlaubte, den Mitgliedern einen Zuschuss von 5 Mark für einen Familienausflug nach Erbach im Odenwald zukommen zu lassen. Mit 170 Teilnehmern war es wohl eine der zahlenmäßig größten Busfahrten in der Vereinsgeschichte.

 

Das Jahr 1935 stand ganz im Zeichen des 75-jährigen Jubiläums, dessen Schirmherr wie beim goldenen wieder Landgraf Carl von Hessen war. Die Feierlichkeiten fanden auf dem neuen Parkplatz, dem heutigen Berliner Platz, statt. Nach vielen Jahren der Unterbrechung gab es in Kronberg wider ein Volksfest mit Festzeltbetrieb, an dem sich die Einwohnerschaft und viele Gäste rege beteiligten. Die Sänger veranstalteten einen Festzug durch die geschmückten Straßen der Altstadt und führten dabei zwei Motivwagen unter dem Motto „MGV unter Polizeiaufsicht“ und MGV, die Wiege der Vereine“ mit.

 

                            

                     Bild vom Motivwagen in der Tanzhausstraße

 

Erstmals in der Vereinsgeschichte konnte 1937 ein Mitglied sein 50-jähriges Sängerjubiläum feiern. Es war der verdienstvolle Ehrenvorsitzende Philipp Leonhard Kunz, Vater des späteren Vorsitzenden Wilhelm Kunz. Die Sänger führten in dieser Zeit ein reges Vereinsleben.
Im Jahr 1910 bestand der Chor aus 59 und vierzig Jahre später aus 55 Sängern. Goldene Zeiten im Vergleich zu der heutigen Situation und den Problemen der Männerchöre insgesamt.

 

Die politische Situation veränderte sich mit der Regierungsübernahme durch die Hitler Partei.
1939 brach der Zweite Weltkrieg aus, mit verheerenden Folgen für die Menschen in Deutschland und der ganzen Welt. Auch die Sänger und das Vereinsleben blieben von den gravierenden Kriegseinflüssen nicht verschont.


Bis Ende 1941 wurden 12 aktive Sänger zum Militärdienst eingezogen. Trotzdem konnte die Singstunde bis 1943 aufrechterhalten werden. Nicht zuletzt hatte man das dem jüngsten, kaum schulentlassenen Sängernachwuchs zu verdanken, der sich erfreulicherweise einstellte und soweit er die Kriegsereignisse überstand auch weiterhin dem Verein die Treue hielt.
Die Vereinsmitglieder konzentrierten sich wieder auf Unterstützungsaktionen und soziale Betreuung. 1940 erfreuten die Sänger die Patienten der beiden in Kronberg eingerichteten Lazarette bzw. Wehrmachtsheilstätten durch Liedvorträge.

 

Auch das 80. Stiftungsfest wurde noch in zeitgemäßem Rahmen trotz Verdunkelung im Vereinslokal „Zum Grünen Wald“ abgehalten. An Stelle der sonst hierbei üblich gewesenen „fleischlichen Genüsse“ gab es „magere“ Kümmelstangen gegen Brotmarken.
Die letzte Generalversammlung fand am 17. Februar 1944 statt, für die nächste Zeit klafft im Protokollbuch eine Lücke. Es folgten das Chaos des Zusammenbruchs Deutschlands und der Kampf ums nackte Dasein.

 

Aber schon bald regte es sich wieder in den Sängerkreisen. Da die amerikanische Besatzungs-behörde  zunächst nur einen Verein in Kronberg zuließ, schloss man sich der unter dem Namen „Volkschor“ sich bildenden Sängergemeinschaft an.
Im Januar 1949 erteilte die Besatzungsmacht dem Gesangverein die Erlaubnis zur Neugründung.
Die Sängergemeinschaft löste sich in gutem Einvernehmen auf und am 6. Februar fand die erste Versammlung unter dem neuen Vorsitzenden Wilhelm Kunz im Vereinslokal „Zum Grünen Wald“ statt. Er legt die traurige Kriegsbilanz dar und dachte mit bewegenden Worten der 9 Sanges- brüder, die der Verein in diesen schweren Jahren verloren hatte.

 

Die Begeisterung für den Chorgesang und sicherlich auch das Bedürfnis sich in eine Gemein-
schaft ohne Zwang einzubringen zeigte bald Früchte. Schon nach einem Vierteljahr hatte der Chor 55 Mitglieder, darunter auch jungen Nachwuchs.
Die Lust zum Feiern hatte sich nach den schrecklichen Kriegsjahren wieder eingestellt, und so feierten die Sänger im Jahr 1950 ihr 90-jähriges Jubiläum mit Kommers, Wertungssingen, Festball, Kinderfest und zum Schluss mit einem Tanzabend.

 

Aus den nachfolgenden Jahren sind vermehrte Teilnahmen an verschiedenen Wertungs- und Freundschaftssingen sowie Konzerte und Unterhaltungsveranstaltungen in Kronberg zu erwähnen. Der Chor konnte weitere Sänger gewinnen und steigerte sein Leistungsvermögen, wozu ab 1951 der neue Dirigent Friedrich Fein wesentlich beitrug.
Die Sänger besannen sich auch gern der Vereinstradition, die Bürger der Burgstadt mit geselligen Veranstaltungen zu erfreuen, wobei die Sänger wieder die Gelegenheit bekamen, sich schauspielerisch und vortragend der heiteren Muse hinzugeben. Mit den Bunten Abenden in den Jahren 1951 bis 1953 wollen die Sänger, wie es im Programmheft hieß, den im Zeitalter der Hetze so sehr beanspruchten Menschen Entspannung und Aufmunterung vermitteln.

 

Im Herbst 1959 erwarb der Verein einen guten Markenflügel, der beim Konzert zum 100-jährigen zum ersten Mal zum Einsatz kam. Feiern konnten die Sänger schon immer, und so ist es nicht verwunderlich, dass der 100. Vereinsgeburtstag in ganz großem Rahmen begangen wurde.
Wilhelm Kunz war im Jubiläumsjahr 1. Vorsitzender, die Schirmherrschaft hatte der damalige Hessische Minister für Kultur und Volksbildung Professor Dr. Schütte übernommen.
Der Chor zählte die gewaltige Schar von 74 Sängern.
Der Reigen der Festveranstaltungen begann mit dem Festkonzert unter der Leitung des Dirigenten Friedrich Fein in der Stadthalle. Im großen Zelt auf dem Berliner Platz folgten der Große Kommers, das Freundschaftssingen, ein Tanzabend, ein Kinderfest, der Frühschoppen und zum Abschluss der Bunte Abend.

 

Für die Vereinsmitglieder bedeutete die Ausrichtung der Festveranstaltungen eine enorme Kraftanstrengung über viele Monate. Zeitzeugen berichten noch heute über die umfangreichen Vorbereitungen, aber auch über ein rundum gelungenes Fest, das den Mitbürgern und Gästen viel Freude beschert hat. Von den Sängern des Jubiläums gehören heute noch Heinz Becker, Herbert Jäger und Heinz Krieger dem Chor an.
Die Jubiläumsfeiern standen am Ende einer 100-jährigen Geschichte des Vereins. Für seine besonderen Verdienste wurde der Verein mit der Verleihung der „Zelter Plakette“ geehrt.

 

Der Verfasser der Jubiläums Festschrift, Wilhelm Jung, gibt dem Verein die folgenden Sätze auf den weiteren Weg: „Der Verein ist dazu berufen, in unserer so materiellen Zeit die Brücke zu schlagen zu den idealen Werten des Lebens, zum Wahren, Schönen, Guten. Was in der politisch spannungsgeladenen Welt die Zukunft bringen wird, kann niemand voraussagen. Aber eines wissen wir bestimmt, dass unsere altbewährte, nunmehr 100 Jahre bestehende Gemeinschaft über vieles hinwegzuhelfen vermag.“

Welch schönes Schlusswort und Vermächtnis!


Stiftungsfest

In die zweiten 50 Jahre des Vereinsbestehens fällt das Entstehen des Stiftungsfestes, das auf einen heiteren Vorfall in den ersten Jahren des Vereins zurückgeht.
Es wird darüber wie folgt berichtet: „Die Mutter hat gesagt, sie solle emol unser Worscht versuche!“ Man ließ sich das nicht zweimal sagen. Beim späten Aufbruch fragten die Sänger, was sie schuldig wären? Aber die freigiebige Löwenwirtin anwortete: „ Ei gornix! Ich wollt euch halt emol en Spaß mache!“ In spontaner Dankesfreude ließ man sie hochleben und beschloss auf dem Heimweg auch im nächsten Jahr den Tag so zu begehen.
Aus diesem Anlass ging dann das alljährliche Stiftungsessen hervor, das bis zum Jahr 1912 in großem Stil bei Sang- und Becherklang in hiesigen Hotels abgehalten wurde.
Im Jahr 1912 wandelte man diesen lukullischen Brauch zum Stiftungsfest, das sich bis heute noch immer großer Beliebtheit erfreut und jedes Jahr Anfang Dezember als „Gemütliches“ der Sängerfamilie begangen wird.

 

Vereinsfahne

In den ersten Jahren seines Bestehens hatte sich der Verein dazu verschrieben, sparsam zu wirtschaften und Erlöse für soziale und gemeinnützige Zwecke zur Verfügung zu stellen. Deshalb wurde die Anschaffung einer Fahne zunächst zurückgestellt. 24 Jahre lang blieb der Verein ohne solch äußeres Wahrzeichen, und man trug ihm bei Sängerfesten nur ein Namensschild voran.
Erst zum 25-jährigen Jubiläum erhielt der Verein als Geschenk von den Sängerfrauen eine Fahne. Ihr Preis betrug stolze 560 Mark, und die feierliche Übergabe erfolgte beim 25. Stiftungsessen.
Aus Dankbarkeit lud der Verein die Sängerfrauen Pfingsten 1886 zu einer Nachfeier im Kastanienhain ein, an der sich auch viele Gesangvereine beteiligten.
Nach der Namensänderung des Vereins im Jahr 1924 übernahmen die Sängerfrauen die Kosten für die entsprechende Umgestaltung der Fahne. Zum 100-jährigen Jubiläum ließen sie die Fahne, die inzwischen stark verblichen war, renovieren, wodurch sie bei den Festveranstaltungen wieder im alten Glanz erstrahlte.

 

 

Published on  February 4th, 2013

nach oben